Am Donnerstag, 13. November um 11.30 h wurde ich in den OP- Raum der Zahnklinik geführt. Nachdem mehrere Anläufe, den Zahn zu betäuben fehl schlugen, wollte man mich insgesamt ein wenig schläfrig machen. Nach 5 bis 6 Einstichversuchen gelang es endlich. Der Zahn wurde unter starken Schmerzen rausgeholt. Danach legte ich mich in mein Bett auf der Station. Den Ausblick habe ich für Euch festgehalten. Ich fühlte mich gut. Zum Zahnziehen nahm ich kein Notebook mit.
Beginn einer Dramatik
Es wird nun unschön, verzeiht, es ist ein Blog zur Krankheitsbewältigung.
Ein wenig plötzlich musste ich zur Toilette. Da ich in Kleidern gelegen hatte, schoß ich aus dem Bett. Kam bis zur Tür, mir wurde elend, ich hatte keine Kraft mehr und sackte zu Boden, konnte aber noch schnell den Klingelknopf betätigen. Ob ich ohnmächtig war, weiß ich nicht. Dem Druck im Darm konnte ich nicht standhalten. Durch die Kleidung hindurch ergoß sich eine blutige Masse auf den Boden, gleichzeitig musste ich erbrechen. Sofort kam Hilfe, mir war alles furchtbar peinlich. Ich wurde ins Bett gelegt und sauber gemacht. Zwischenzeitlich kamen Sanitäter, die mich auf eine Bahre schnallten und mit dem Ambulanzauto rüber in die chirurgische Abteilung fuhren. Ich kam sofort auf die Intensivstation. Mein HB- Wert ist plötzlich so abgesackt, an der Betriebsamkeit der Helfer merkte ich, es ist ernst. Dass ich wegen meiner MDS an inneren Blutungen sterben könnte, wusste ich und dachte, nun ist der Zeitpunkt gekommen. Nachdem ich Infusionen bekommen hatte, stieg der HB-Wert zur allgemeinen Erleichterung wieder, weitere Mengen geronnenes Blut kam aus dem Darm. Um die Ursache zu finden, wurden verschieden unangenehme Prozeduren angeordnet, die ich mit kritzligem Namenszug unterschrieb: Magenspiegelung, Darmspiegelung, in Halsnähe wurde ein 2lumiger Venenzugang gelegt, ein 12 cm langer Schlauch wurde eingeführt und festgenäht, geröntgt, ob er richtig sitzt. Dann sollte eine Magensonde gelegt werden, ein Schlauch durch die Nase. Als der Schlauch im Rachen war und mich würgte, verlor ich Geduld und Kraft. Ich schickte die Ärzte weg. „Ja aber, wir müssen die Ursache finden...“ Es war mir alles egal, aber Magensonde wird nicht gelegt. Kurze Zeit später kamen Arzt und Pfleger wieder, wir machen eine Magenspiegelung. Na also, ich wurde betäubt, ein Schlauch durch die Speiseröhre zum Magen geführt, ich spürte nichts. Befund: alles ok. Bei einer Sonde hätte man gleich reparieren können. Als ich dann während der Nacht etliche Liter eines Saftes trinken musste und der Pfleger alle Viertelstunde erschien, um nachzugießen und mich zum Trinken animierte, habe ich keine Sekunde geschlafen. Am Tag darauf war der Darm durchgespült und sauber, die Darmspiegelung ergab keine Anhaltspunkte für innere Blutungen. Und geblutet hat nichts mehr. Des Rätsels Lösung war, die Blinddarm-OP erzeugte riesige Hämatome in der Darmschleimhaut, die sich verklumpten und dann plötzlich ausgeschieden wurden. Äußerlich sieht der Bauch ja auch tätowiert aus. Das war die innerliche Komponente. Und dass ich zusammengebrochen bin, lag an der hohen Dosis Betäubungsmittel, die meinen Kreislauf durcheinanderbrachten.
Es ist schon bizarr, wie ich meine Familie in Atem halte.
Ich ließ mir das Notebook bringen. Leider keinen Internetanschluss, da Wochenende.
Es ist alles gut, wieder haben mir Eure guten Gedanken geholfen. Ich danke Euch von ganzem Herzen.
Erwähnen möchte ich noch, dass zur Zahngeschichte Thrombozyten gerichtet waren. Da meine Thrombozytenzahl derart hoch war, wie seit Jahren nicht mehr, verzichtete man, mir Thrombos zu infusionieren. Sowas, ich verstehe es nicht. Wunderbar! Macht's gut! Karin
Nachdem ich auf Station verlegt wurde am Freitag, hofften wir alle, der Spuk sei vorbei, gab es am Samstag leider wieder Bluten aus dem Darm. Es war immer noch Altblut von der Blinddarm-OP. Die Blutung war ein Schock, denn ich kam wieder auf die Intensivstation. Da aber mein HB-Wert sank, vermutete man irgendwo eine Quelle, die weiterblutet. Zwischenzeitlich stabilisierte sich der HB- Wert. Also man sucht weiter. Mehrere Bluttransfusionen, und verschiedene Infusionen bekam ich. Eine davon habe ich nicht vertragen, wurde sofort abgesetzt. Ich fühlte mich gut. Keine Schwäche. Ich kam mir fehl am Platz vor, bei all den Schwerstkranken und frisch Operierten, die vor Schmerzen jammerten. Hochachtung vor dem Personal dort!
Am Montag dann die 2. Magenspiegelung, wieder nichts gefunden außer einer krankenhausinduzierten Gastritis. Ich muß nämlich jede Menge Tabletten schlucken, die meinem Magen nicht gerade schmeicheln. Lästig war, dass ich den ganzen Montag keine Speisen und manchmal sogar keine Flüssigkeit mehr zu mir nehmen durfte. Ich freute mich auf das Frühstück am Dienstag, Pustekuchen, ich bekam also Montag und Dienstag überhaupt nichts zu Essen, wegen einer 2. Darmspiegelung. Nach dieser Prozedur am Mittwoch hatte ich fürchterliche Schmerzen, ich konnte es nicht aushalten. Der Darm war voller Luft. Ich bekam Schmerzmittel. Zum Glück besuchte mich Tochter Suz. Sie massierte meinen Bauch unendlich lange. Die Luft entwich bald wie beim Fahrradschlauch. Abends war ich wieder oben auf. Es ging mir erstaunlich gut. Ergebnis der Prozedur: nichts gefunden. Geblutet hatte ich seit der 2.Darmspiegelung nun nicht mehr. Das Fasten war in meinem geschwächten Zustand auch kein Zuckerschlecken, danach fühlte ich mich aber topfit. Heute früh bei der Arztvisite habe ich geschäkert, wie mir das „Heilfasten auf der Intensivstation gut täte...“Sie verordneten dann als weitere Suchaktion die Kapsel und wenn da nichts gefunden wird, komm ich in die Röhre. Gleichzeitig wurde mir mitgeteilt, dass ich die Intensivstation verlasse und auf Station komme. Endlich Chance auf Internetzugang.
Die Kapsel ist in der Größe einer Tablette, die geschluckt wird. Sie wandert durch den ganzen Verdauungskanal und macht mit einer Minikamera ununterbrochen Aufnahmen. Nach deren Ausscheidung kann man die Bilder auswerten. Die Kapsel koste 500 000 Euro, kann aber immer wieder verwendet werden. High Tec! Und beschwerdefrei!
Meinem Mann, meiner Tochter Suz danke ich zuerst, sie waren immer sofort da, wenn ich sie brauchte, vielen Dank! Auch Tochter Babs, die noch bei uns war, als das Theater losging. sei gedankt. Mein Bruderherz Jo mit Gesine besuchten mich. Fritz und Friederike kamen Montag, mein Freund Fritz, mein Retter vor der Transplantation, hat ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt geführt und mir viel erklärt, 1000 Dank lieber Fritz! Sohn Michael in Berlin hat fast täglich angerufen, Aenne in München hat viel angerufen, um auf dem Laufenden zu sein und mir immer Mut gemacht. Ich danke Euch von ganzem Herzen, es war einfach großartig, wie Ihr Euch um mich gekümmert habt.
Saskia in Köln danke ich für ihre herzlichen Genesungswünsche. Selbst Patrick, Arzt in Florida, der Mann meiner Nichte, hat sich von dort nach mir erkundigt, danke Dir, ebenso Deiner lieben Frau Alexandra. Ihr, meine lieben Freunde, die Ihr zum Heer der mir Wohlgesonnenen gehört, danke ich. Ihr glaubt nicht, wie viel mir das bedeutet.
Ich schicke Euch allen liebe Grüße aus der Station, wo ich nun gelandet bin. Hier kann ich es gut aushalten, mich erholen nach all dem Stress und genesen. Hoffentlich kommt kein Blut mehr aus dem Darm!
Heute ist Freitag, 21.November 08. Ich bin nun schon über eine Woche in der Uniklinik. Es geht mir gut. Bereits vor 8 Uhr haben mich Zivis im Auto in die Zahnklinik kutschiert. Fäden an der Zahnwunde wurden gezogen. Sähe alles sehr gut aus. Nun sitze ich wieder am PC. Die Hoffnung, ins Internet zu kommen, habe ich aufgegeben. Trotz „Bakschisch“ hat es nicht geklappt. Ich werde mich unabhängig machen mit einem Chip. Mein Sohn Michael in Berlin kümmert sich darum. Ich hätte so schön Zeit und Kurzweil, wenn ich Verbindung Hätte.
Schade, dass ich Euch nicht aktuell unterrichten kann. Ich weiß, dass Ihr Euch wundert, solange nichts von mir zu hören.
Ich danke für Eure Geduld und liebenswerte Begleitung. Ich umarme Euch.
Karin
3 Kommentare:
Karin, Karin, Du machst Sachen! Erstmal gute Besserung und weiterhin gute Genesung im Kreis Deiner Lieben!
Treffend fiel mir zu Deiner Geschichte ein Zitat von Ernest Hemingway ein:
“I have noticed that doctors who fail in the practice of medicine have a tendency to seek one another's company and aid in consultation. A doctor who cannot take out your appendix properly will recommend you to a doctor who will be unable to remove your tonsils with success.”
Alles Liebe,
Jörn
Hallo Mum, plastischer Bericht, aber die Überschrift passt nicht. Liebe Grüße Micha
Liebe Karin,
bei der Überschrift dachte ich zuerst an einen Hartware defekt deines PC´s und beim lesen ist mir der Atem stehen geblieben. Das muss ein Alptraum für dich gewesen sein. Das du das alles mit so viel Kraft gemeistert hast, ist ein gutes Zeichen.
Mittlerweile geht es dir ja wieder besser, das freut mich sehr! Weiterhin gute Besserung und alles Liebe...
Michaela
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